Veröffentlichungen:
125 Jahre "Mieterverein zu Hamburg von 1890"
Eine Festschrift zur Geschichte des Mietervereins
Lange Jahrzehnte wusste man nur wenig über die Geschichte des „Mietervereins zu Hamburg von 1890 r. V.“. Die meisten Archivalien waren im Zweiten Weltkrieg verloren gegangen – darunter das komplette Archiv des Mietervereins. Nur einige alte Zeitungsartikel aus der Gründungszeit des Vereins waren bekannt. Sie waren in den Akten der Politischen Polizei im Hamburger Staatsarchiv gefunden worden und berichteten über die Ziele des jungen, in den Augen der Staatsgewalt subversiven Mietervereins. Er wollte den Hamburger Mietern durch Rechtsberatung vor der Willkür von Hauswirten schützen und gleichzeitig durch politische Lobbyarbeit die Wohnverhältnisse in Hamburg verbessern.
Zu seinem 125-jährigen Jubiläum hat der Mieterverein eine Dokumentation in Auftrag gegeben. Bei Recherchen im Staatsarchiv Hamburg, der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky und im Hanseatischen Wirtschaftsarchiv konnte genügend Material gefunden und gesichtet werden, um die Historie des Mietervereins zu Hamburg in ihren wichtigsten Linien nachzeichnen zu können. Politischen Einfluss besaß der Mieterverein in den ersten Jahrzehnten seiner Existenz kaum, auch wenn seine Arbeit im Bildungsbürgertum als Bereicherung für Hamburg wahrgenommen wurde. Er hatte einfach zu wenige Mitglieder, um auch von der Politik wirklich ernst genommen zu werden. Die eigene Mieterzeitungen, mit denen der Verein seiner Position Verhör zu schaffen versuchte, erfüllten ihre Aufgabe nur unzureichend. Also konzentrierte der Verein sich auf die praktische Arbeit vor Ort. Und die erschöpfte sich nicht in der Rechtsberatung, auch wenn diese für die Mitglieder die wichtigste Aufgabe war. In den 1920er-Jahren gründete der Mieterverein auch eine Reihe von Baugenossenschaften, um den gesunden, bllligen Wohnraum zu schaffen, den er stets gefordert hatte. Am Baugeschehen beteiligt sich der Hamburger Mieterverein schon lange nicht mehr. Aber inzwischen ist er mit seinen 64 000 Mitgliederhaushalten zu einer politischen Größe in der Hansestadt geworden. Seine Stimme hat Gewicht und wird zur Kenntnis genommen.
In vier Kapiteln wird die Geschichte des Mietervereins von der Gründung im Jahre 1890 bis ins Jahr 1974, als Dr. Eckard Pahlke Vorstandsvorsitzender wurde, nachgezeichnet. In zwei Interviews mit Dr. Eckard Pahlke und Siegmund Chychla vom Vorstand des Mietervereins sowie mit Heinrich Stüven, dem Vorsitzenden des Grundeigentümerverbandes Hamburg, plus einem "Erzähl-Café" mit Mitgliedern des Mietervereins wird die jüngere Vergangenheit vorgestellt.
"Seit 1890 bestand der Mieterverein auf seiner parteipolitisch neutralen Haltung. Als sich in Hamburg 1919 sogenannte 'Mieterräte' bildeten und zum Mietenstreik aufriefen, wandte sich der Mieterverein, wie auch die Hamburger Sozialdemokraten, gegen die Mieteräte. Die Mieterratsbewegung blieb jedoch nur eine Episode, sie brach bald in sich zusammen. 1920 unterstrich der 'Mieterverein zu Hamburg' erneut seine parteipolitische Neutralität, als er aus dem Dachverband der Mietervereine austrat. Ein außerordentlicher Mietertag hatte sich zur Sozialisierung von Miethäusern kannt. Diese 'Radikalisierung der bewegung in parteipolitischer Richtung' wollten die Hamburger nicht mittragen."